Die Programmierer von reLINE strapazieren hier von Anfang bis Ende die Lachmuskeln des Spielers, da kennt bereits das grandiose Gag-Intro keine Gnade: Die gezeigte Invasion von Außerirdischen, das Kidnapping der lieblichen Prinzessin Rosenrot und das Ballerdemo haben mit dem Rest dieses Spiels nämlich absolut nichts zu schaffen - hier geht es um die Leitung eines Krankenhauses und damit um den erbitterten Kampf um Patienten gegen 15 rechnergesteuerte Konkurrenzhospitäler.
Der Wahnsinn beginnt beim Makler, wo zunächst einige Landparzellen angemietet (zum Kauf reicht das magere Grundkapital nicht) und dann mit Gebäudeeinheiten bepflastert werden. Aufnahme, Wartezimmer, Lager und Behandlungsraum sind als Erstausstattung unentbehrlich, Neurolgie, OP, Zahn- oder Intensivstation hebt man sich für später auf.
In Lauf der Zeit wird sich auch das Einrichten einer Pathologie in Verbindung mit Blut und Organbank als gewinn bringend erweisen, kann man so doch selbst auf Kunstfehlern noch Kapital schlagen. Davor dürften aber Krankenzimmer und eine Küche fällig werden, denn stationäre Patienten lassen sich natürlich an besten schröpfen. Schlußendlih ist für besonders harte Fälle noch eine Folterkammer auf Club- und Golfraum freuen darf.
Richtig, das Personal. Man rekrutiert seine Mitarbeiter, indem bei der Stellen ausscreibung die Qualifaktionen und das Gehalt festgelegt werden. Für Krankenschwestern ist da die Oberweite das "herausragende" Kriterium, während bei den Lagerarbeitern die Leberwerte den Ausschalg geben.
Doch egal, ob Chirurg oder Koch, anfangs stellen sich alle gleich dämlich an und wollen jeden Handgriff vom Aufrufen der Patienten bis hin zur Wahl der Behandlungsmethode mühsam per Maus eingebleut bekommen. Praxis und diverse Lehrgänge mehren dann die Erfahrungs- bzw. Ausbildingspunkte, so daß mit der Zeit jeder seine Aufgaben selbstständig erledigen kann. Und das ist auch nötig, schließlich hat sich der Chef ja moch um andere Dinge zu kümmern...
So wollen Rechnungen ausgestellt und die Räumlichkeiten möbliert werden; etwa, indem man die kahlen Wände des Wartezimmers stilvoll mit einer kaputten Kuckucksuhr oder einem Autogramm von Heino schmückt. Und damit Langeweile gar nicht erst aufkommen kann, legt der fürsorgliche Klinikleiter so interessanten Lesestoff wie das Autobahnbuch der DDR von 1962 für seine Patienten aus.
Über die Verwaltung müssen zudem allerlei medizinische Gerätschaften geordert werden - die Palette reciht vom gewöhnlichem Stethoskop über den elektischen Stuhl für Schockbehandlungen bis hin zum puren Luxus wie einem Designer-Kruzifix aus Japan (der Warenkatalog beurteilt den Nutzen hier bei Wiederbelebungsversuchen als eher gering).
Falls trotz aller Bemühungen die Patienten ausbleiben, kann dr. Stinkmann aber auch zu härteren Bandagen greifen. Wie wäre es z.B. mit markigen Flugblättern? Nicht effizient genug? Okay, dann heuert man eben einen Schlägertrupp an, um aus kerngesunden Passanten todkranke Patienten zu machen! Oder man schickt seinen Krankenwagen in Rennen, wo als Siegprämien die wundervollsten Unfallsopfer warten.
Bewährt hat sich hier das Modell Borsche Barberra 912 Turbo, das Radarfallen unterfliegt und schneller als der Tod ist! Nun darf man sich darunter aber keine richtige Actionsequenz vorstellen, denn während dieser Wettfahrten gegen die Konkurrenzunternehmen werden nur die Postionen, der eventuelle Rückstand auf den Führenden und die verbliebene Rundenzahl angezeigt. Wer bei der "Formel Krank" in allen Läufen genügend Punkte sammelt, kann für sein Hospital mit dem Weltmeistertitel werben.
Generell kann man seine Einzel- und Gesamterfolge im Vergleich zu den Mitbewerbern aus der Zeitung oder den unzähligen Statistiken im Biing-Desktop-Menü erfahren; sollten sie entsprechend ausfallen, darf man sich unter den 20 Besten in der Highscoreliste verewigen.
Das Handling des kranken Spiels ist dank einer durchdachten Steuerung kerngesund, denn via Grundriß geht's flott in die gewünschten Locations, wo dann ein Klick auf Gegenstände oder Personen genügt, um die Menüs für die Handlungsmöglichkeiten zu öffnen.
Da es davon mehr als genug gibt, herrscht gerade anfangs rege Hektik - man wird die optionale Hilfe-Funktion zum Einstieg (ein Onscreen-Tutorial, das die notwendigen Schritte anzeigt und direkt ins zuständige Menü führt also dankbar in Anspruch nehmen.
Daß neun Savestände angelegt werden können, gehört ebenfalls zum Service. Die augenfälligsten Qualitäten der ebenso komplexen wie witzigen Simulation liegen natürlich in der bombastischen Präsentation mit tollen Comic-Bildern, auf denen leichtbekleidete Schwerstern, kranke Kranke und überdrehte Ärzte zu sehen sind.
Umrahmt wird das Gagfeuerwerk von total abgefahrenen Sound-Samples und Musikstücken. Doch hat das anspruchsvolle Produkt seinen Preis, und de ist (auch) in Hardware zu bezahlen: Die unglaubliche Diskettenflut (14 bzw. 19 Scheiben!) will auf Festplatte installiert sein und viel, viel RAM sehen, für den vollen Genuß der Hires-Graiken und Digi-Bildchen sollten AGA-Rechner über einen Multisync-Monitor und Standard-Amigas über einen Flickerfixer verfügen.
Zwar flimmern die mäßig animierten Doktorspiele im Zweifelsfall auch über einen Fernseher, aber dann freut sich die nächstgelegene Augenklinik. Andererseits ist Biing! Seinen Preis in jeder Hinsicht wert, denn hier wartet kein Spiel für zwischendurch, sondern harte Arbeit auf Wirtschaftssimulanten - allerdings Arbeit, die wirklich Spaß macht! (st)