Die fliegenden Zigaren

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Gut ein Jahr nach dem Start am PC schweben Ikarions Luftschiffe nun endlich auch im Amiga-Luftraum ein - aber ein Zeppelin ist nun mal kein Starfighter und die Umsetzung einer Wirtschaftssimulation kein Kinderspiel.

Nicht nur thematisch ist dieses Programm originell, auch SW-Grafik bekommt man heutzutage ja (gottlob) nur noch selten zu sehen. Doch da zu kommen wir noch, denn erst mal dürfen sich ein oder zwei Luft-Reeder ein Digi-Porträit aussuchen und anno 1901 ihren ersten Zeppelin taufen.

Dann zählt der frischgebackene Werft-Besitzer sein Startkapital und läuft im Hauptmenü ein, wo sämtliche Aktionen der in Runden unterteilten Simulation aufgerufen werden. Hier wird man auch von einem Nachrichtenticker bzw. durch Zeitungsmeldungen über wichtige oder historische Ereignisse informiert - selbst wenn etwa der Flug der Gebrüder Wright oder der Ausbruch des Ersten Weltkrieges keinen erkennbaren Einfluß auf den Spielverlauf haben. Und schließlich gibt es da noch eine Weltkarte, auf der die jeweiligen Standorte der eigenen Luftschiffe und ihr aktueller Zustand zu sehen sind.

Apropos Zustand: Dann und wann wollen die fliegenden Zigaren repariert werden, was nur im heimatlichen Berlin möglich ist. Und die Flotte bis auf die maximal drei möglichen Zeppeline auszubauen, ist zudem an die Entwicklung und Produktion neuer Modelle zu denken, welche ja außerdem am internationalen Markt verhökert werden können. Freilich schlafen auch die drei (bei Bedarf rechnergesteuerten) Konkurrenzunternehmen nicht, weshalb preisgünstige Angebote natürlich am ehesten Abnehmer finden.

Man kann seinen luftigen Giganten gegen Kohle auch mit Werbung bekleben; eine der Haupteinnahmequellen sind aber Transportaufträge für Güter wie Baumaterial oder Elfenbein, die in den insgesamt 15 Lufthäfen vergeben werden. Da es sich dabei jedoch ausnahmslos um Warentermingeschäfte handelt, werden bei Verzug (mit Sonderereignissen wie etwa Stürmen ist jederzeit zu rechnen!) drastische Konventionalstrafen fällig. Risikoloser ist da der Linienverkehr, wo man die Preise selbst bestimmt - falls sie zu niedrig sind, bleibt allerdings der Gewinn auf der Strecke, während überteuerte Luftschiffe oft leer ablegen müssen...

Umgekehrt wird laufend Geld für Benzin und Gas benötigt, das in den einzelnen Häfen unterschiedlich teuer kommt. Als Füllgas stehen Helium und Wasserstoff zur Auswahl. Ersteres ist unbrennbar, aber nicht eben billig; letzteres spurt kurzfristig Kosten, kann jedoch zu peinlichen Unfällen führen. Und so was ist nicht nur teuer, sondern auch schlecht fürs Image, welches sich wiederum mit Rekordfahrten aufpolieren läßt.

Sie werden als kleine Actionsequenzen präsentiert, in denen der Kapitän persönlich ans Steuer darf - und dann womöglich von der Luftfahrtbehörde oder gar dem Kaiser einen Orden angeheftet bekommt, weniger dramatisch geht es an der Börse zu; hier kann der Hobby-Spekulant nicht nur Aktien der Konkurrenz erwerben, sondern auch eigene ausgeben. Sollte dabei der Kontostand abstürzen, hilft nur noch die Kreditaufnahme be der Bank, doch haben die Zinsen schon ganz andere Leute um Kopf und Kragen gebracht!

Wer seinen Kragen lieber behalten und nur den Kopf verlieren will, darf sich auch in die schöne Rosanne (viel schöner als ihre Namensvetterin aus dem Fernsehen...) verlieben. Und wer von der jungen Dame auch geehelicht werden möchte, sollte allerdings schon auf einem relativ dicken Finanzpolster sitzen, ehe er in Anklick-Konversationen um die Angebetete wirbt.

Wie auch immer, im Jahre 1940 ist dann alles vorbei - oder auch nicht, denn das Spiel kann auch endlos fortgesetzt werden. Wird es irgendwann beendet, gibt ein Wertungsscreen darüber Aufschluß, wie erfolgreich man gewesen ist: Einmal ist da der schnöde Mammon wichtig, aber auch das durch Auszeichnungen und Rekorde erworbene Ansehen zählt. Und sollte ein anderer die Herzdame unter die Haube gebracht haben, macht sich das auch nicht so gut in den Akten...

Jetzt aber zur eingangs bereits angedeuteten (und auf den Fotos kaum zu übersehenden) Optik-Tristesse. Okay, die zahlreichen Digi-Bilder aus der guten alten Zeit können natürlich kaum farbig sein, daß jedoch auch sämtliche Menüs und Screens im stilechten SW-Design gehalten sind, kann man getrost als ein wenig übertrieben bezeichnen - selbst wenn die so erzeugte und vom Sound noch unterstützte Atmosphäre durchaus beachtlich ist.

Für jedes Menü erklingt nämlich eine eigene, zum Spielablauf passende Melodie, im Gegenzug hat man jedoch komplett auf Effekte verzichtet. Sei es drum, der Programmaufbau ist jedenfalls völlig selbsterklärend geraten, was zusammen mit der handlichen Maussteuerung sorgenfreies Simulieren verspricht.

Ganz kann Zeppelin das Versprechen freilich nicht einlösen, denn es finden sich Schwächen im Spieldesign. So ist es z.B. nicht möglich, mit zwei Luftschiffen einen Auftrag anzunehmen, für den die Kapazität eines einzelnen nicht ausreichen würde; statt dessen muß man warten, bis ein Gefährt mit entsprechender Zuladung zur Verfügung steht.

Daran erkennt man bereits, daß die gute Übersichtlichkeit des Programms mit einem gewissen Mangel an Komplexität erkauft wurde, weshalb sich Wirtschaftsgiganten hier doch recht schnell unterfordert fühlen. Neulinge im Genre finden dagegen einen prima Einstieg, sofern die sich von der schlichten Präsentation nicht abschrecken lassen.

Und da die Anleitung einen umfangreichen Abriß über die behandelte Epoche bereitstellt, werden natürlich auch und gerade Zeppelin-Fans gut bedient. (masch)