Death or Glory: Das Erbe von Morgan logo Amiga Joker Hit

In der letzten Ausgabe haben wir Euch mit einem Preview zum neuen Taktik-Rollenspiel von Software 2000 dem Mund wässerig gemacht - und auch die hochoffizielle Testversion ist ein strategischer Leckerbissen!

Als Redakteur ist man ja so manches gewöhnt, doch den Auftrag, mal eben "zum Strategen der Kategorie 3 aufzusteigen", erhält auch unsereins nicht jeden Tag. Genau das verlangt hier aber ein geheimnisvoller magischer Zirkel vom Spieler, der dazu in einem fernen Märchenland gar nicht so märchenhafte Schlachten ausfechten muß.

Denn das Fantasyreich Morgan wird gerade von einem riesigen Heer belagert - wobei König Werthas schwer seinen unehelichen Sohn Xhor im Verdacht hat, als Drahtzieher hinter dieser Ungezogenheit zu stecken. Doch Prinz Raven mag nicht an die Schuld seines Halbbruders glauben und zieht deshalb los, das Geheimnis um Xhor und die feindliche Streitmacht zu lüften...

Wer jetzt an einen zünftigen Fantasyrolli denkt, liegt nur teilweise daneben, denn mit Death or Glory startet Software 2000 eine neue Strategie/Rollenspiel-Serie, deren Konzept eng an den Mega Drive-Klassiker "Warsong" angelehnt ist. Bei vorliegender Premiere wollen insgesamt 16 Schlachten ausgefochten werden, die man in eine atmosphärische, zwischendurch ständig weitergesponnene Hintergrundgeschichte eingebettet hat.

Bei jeder dieser stark taktisch geprägten Auseinandersetzungen muß ein bestimmtes Ziel erreicht werden; die weitgespannte Aufgabenpalette reicht vom schlichten Vernichten der feindlichen Feldherren über das Durchqueren und Erforschen von finsteren Dungeons bis zur Befreiung einer holden Maid.

In der Praxis kauft man zunächst für jeden seiner Heerführer die gewünschten Einheiten von Fußläufern, Bogenschützen. Kampfmönchen oder Magiern ein. Anschließend werden die Truppen rundenweise und strategisch geschickt auf den bis zu 4.096 Quadrate umfassenden Schlachtfeldern verschoben.

Die Kampfmoral der Soldaten wird dabei sehr stark durch die (fast komplett dem AD&D-Fundus entlehnten) Charakterwerte ihres Anführers und seiner aktuellen Entfernung von der Truppe beeinflußt. Aber auch das Gelände hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, denn von hohen Mauerzinnen aus verteidigt sich es nun mal leichter als auf weiter und damit ungedeckter Flur.

Und bei einem Konflikt zwischen zwei sonst praktisch gleichwertigen Einheiten mögen die Erfahrungspunkte der Vorgesetzten das Zünglein an der Waage sein, wobei jeder vernichte Feindtrupp das Konto etwas aufstockt. Wer fleißig punktet, steht irgendwann auch zur Beförderung an und darf sich dann zwischen zwei alternativen Aufstiegsmöglichkeiten entscheiden.

Die Wahl sollte mit Umsicht und Bedacht getroffen werden, denn manche Karriereleitern enden in einer Säckgasse - außerdem ist es sicher kein Fehler, auf eine ausgewogene Mischung der Befähigungen in seinem durch den Fortgang der Geschichte allmählich größer werdenden Kontingent an Feldherrn zu achten.

Angesichts der Komplexität des Games ist man für das ausgefeilte Befehlsmenü dankbar, über das sich die eigenen Mannen komfortabel bewegen, in den Kampf oder zum Ausruhen schicken lassen. Aber auch die (dosierbaren) Zaubersprüche, allerlei Übersichtskarte und Infos zu Freund und Feind sind ruckzuck abrufbar.

Nur bei den eigentlichen Kämpfen darf sich der Feldherr bequem zurücklehnen und in einer animierten Sequenz den Ausgang beobachten; selbst eingreifen kann er hier nicht mehr.

Der Lohn der Schlachten besteht (neben den erwähnten Erfahrungspunkten) in Gold, mit dem man nicht nur frisches Personal einkauft, sondern ab und an auch mal ein magisches Artefakt wie etwa ein Zauberschwert.

Da sich die einzelnen Feldzüge über mehrere Stunden hinziehen können, darf der Spielstand selbstverständlich gespeichert werden. Kennt man schließlich alle vorhandenen Schlachten in- und auswendig, kann man auch gegen einen menschlichen Freund antreten, wobei dann allerdings der Storyteil entfällt.

Die meist aus der Vogelperspektive gezeigte Grafik beglückt zwar sämtliche Amigas (also auch den 500er) mit 128 Farben, sieht jedoch abgesehen von ein paar netten Zwischenbildern karg bis zweckmäßig aus - auch diesbezüglich hat man sich also am Vorbild "Warsong" orientiert.

Erwähnenswert wäre in diesem Zusammenhang noch, daß ein Großteil der hübschen Portraitgrafiken aus den Marvel-Comics "übernommen" wurde, wenn das mal keine Probleme gibt?

Der Sound klingt jedenfalls gut, nur wollen die Techno- und Heavy Metal-Klänge einfach nicht so recht zu dem Fantasyszenario passen. Ganze Arbeit geleistet hat man dafür bei der Steuerung: Obwohl bloß ein Feuerknopf ausgenutzt wird, sind selbst komplexere Aktionen ohne Reibungsverluste ausführbar; bei so viel Komfort kommt selbst das altehrwürdige "Battle Isle" nicht mehr mit.

Am überzeugendsten ist jedoch das durchdachte Spielkonzept, das jeden Strategen unweigerlich in den Bann zieht. Schon die Vorgeschichte sorgt prächtig für Stimmung, und die Bandbreite der Missionen ist enorm.

Als Salz in der Suppe gibt es plötzlich ausbrechende Vulkane, langsam geflutete Wassergrüben und finstere Höhlen, in denen gerade mal das jeweils nächste Feld zu erkennen ist.

Auch die Karriereplanung seiner Kriegshelden und die eingestreuten Magie-Sprengsel halten den Amiga-General bei Laune, zumal sich die Angelegenheit recht flott von Disk spielen läßt - eine HD-installierbare Version kann per Update nachbestellt werden. Aber nicht zuletzt weil eine Umsetzung des originalen "Warsong" nicht zu erwarten steht, führt an dieser Schlachtplatte trotz der kleinen Mankos kein Weg vorbei: Death or Glory vereint viel Atmosphäre mit Komplexität und einem zukunftsweisenden Konzept! (mic)